ULLAS ALLERLEI



PIZZA

Als noch niemand in Deutschland auch nur eine Ahnung davon hatte, was eine Pizza ist, geschweige denn, wie sie schmeckt, habe ich sie schon bei Oma genossen.
Ihr Vater war Gaswerksdirektor in Italien. Oma lebte bis zu ihrem 16. Lebensjahr - bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges 1914 - im sonnigen Süden.

Ihre Küche war sicher von Italien beeinflußt. Ich machte mir damals keine Gedanken darüber. Rohkost und die knackigen, ohne Mehl zubereiteten Gemüse kamen für mich aus der "Gesundheitsapostel-Ecke".
Ich meine das hier nicht abwertend, da ich ja selbst viel von ihr übernommen habe. Nur, vor dreißig Jahren wurdest du von Freunden belächelt, wenn du im Reformhaus kauftest und versuchtest, dich und deine Familie gesund zu ernähren.

Oma stellte ihren Küchenzettel nach Grundsätzen der Ernährungswissenschaft zusammen, da sie der Auffassung war, daß "eine natürliche, gesunde Ernährung die beste Unterstützung zur Erhaltung einer gesunden Familie" sei. So schenkte sie uns zur Hochzeit - "Zum Aufbau Eures Nestes" - das Wendepunkt-Kochbuch von Berta Brupbacher-Bircher, Vorsteherin von Dr. Bircher-Benners Sanatorium "Lebendige Kraft" in Zürich (1930). Aber stur hat auch Oma sich nicht an die Regeln von Bircher-Benner gehalten, der eine vegetarische Kost propagierte. Sie selbst aß zwar kein Fleisch, aber einmal in der Woche machte sie es für die Kinder.

Pizza ist in dem Kochbuch nicht zu finden, die kannte Oma ganz sicher aus Italien.
Pizza © 1989 M. Stoewer
Oft denke ich daran, wie Oma sich freuen würde, mit dir italienisch zu parlieren. Zeit ihres Lebens beherrschte sie diese Sprache besser als Deutsch, träumte in Italienisch, und, 1980, auf ihrem Sterbebett sprach sie fast nur noch Italienisch. Du konntest sie damals schon ganz gut verstehen und ihr auch ein wenig antworten.

Omas Pizza habe ich in meinen Speiseplan übernommen, aber natürlich auch wieder verändert. Oft wurde mir gesagt, ich solle eine Pizzeria eröffnen.

Als ich zu Scherifs 18. Geburtstag 1985 in Kairo unter schwierigen Bedingungen - zum Beispiel gab es nur frische Tomaten, die sehr viel mehr Arbeit machen, und das Heranschaffen aller anderen Zutaten war schon ein Abenteuer für sich - neben acht Kuchen auch noch drei Bleche Pizza machte, war die vollständig versammelte ägyptische Verwandtschaft hellauf begeistert. Sie hätte mir am liebsten sofort eine Pizzabäckerei eingerichtet. Um diesen Job bin ich noch einmal herumgekommen, da die Arbeitsmöglichkeiten für Ausländer in Ägypten sehr begrenzt sind.

Das größte Kompliment aber für unsere Pizza kam von Ester. Wir sollten ihren Landsleuten zeigen, wie man Pizza macht!

In den letzten Jahren habe ich Pizza nur noch selten selbst gemacht. Ein: "Florian, ich hab mal wieder Lust auf Pizza", genügte meist. Florian macht Pizza fast besser als ich. Um keine Konkurrenz aufkommen zu lassen, habe ich mich zurückgezogen. Gegen eventuelle Behauptungen, daß ich nur zu faul sei, wehre ich mich entschieden.

Kannst du dich erinnern? Einmal ging Flo ein ganzes Blech daneben. Nur so ausgebuffte Typen wie Edo konnten die Pizza essen. Flo hatte die scharfen Peperoncini erwischt.

Man kann auf eine Pizza alle Zutaten legen, auf die man Lust hat. Da bieten sich sehr viel mehr Variationen an, als man in einer normalen Pizzeria auf der Speisekarte findet.
Gut in Erinnerung ist mir noch die Gemüsepizza, die ich im vorigen Jahr an deinem Geburtstag in Brescia gegessen habe. In dem Restaurant mußten wir eine Weile warten, bis alle einen Platz fanden. Italiener wissen also gute Pizzen durchaus zu schätzen. Die italienischen Köche sollten sich in den Touristenorten mehr Mühe geben, Urlauber sind nicht nur Goldesel, sondern Menschen, die auch gerne gut essen.

Ich schreibe jetzt nur eine Version auf und zwar die, die ich am liebsten esse. Die Mengenangaben sind zwangsläufig ungenau, weil ich sie nicht immer ganz gleich zubereite.

Für den Teig:

Für zwei Bleche - mit einem würde ich gar nicht erst anfangen, sollte tatsächlich etwas übrig bleiben, schmeckt Pizza auch am nächsten Tag noch - machst du einen Hefeteig aus einem guten Pfund (ca. 600 g) Mehl (kleine Aktualisierung zur Internetausgabe, hier am Ende des Pizza - Rezeptes).
Statt der Butter nimmst du Olivenöl. Durch das flüssige Öl kommst du mit weniger Milch aus. Zucker läßt du natürlich weg, nur einen schwachen Teelöffel brauchst du zum Glattrühren der Hefe.
Hefe verträgt den direkten Kontakt mit Salz nicht, etwa einen Teelöffel Salz vermischst du mit dem Mehl. Schmecke aber noch einmal ab. Der Teig muß zwei, drei Stunden Zeit zum Gehen haben - in die Höhe, nicht aus der Wohnung.

Die Tomatensoße:

1 große, 1 kleine Büchse geschälte Tomaten
1 kleine Büchse Tomatenmark
3 große Zwiebeln
3 - 4 Knoblauchzehen
Kräuter der Provence
2 Peperoncini

Der Belag:

400 - 500 g Käse, ich bevorzuge Gouda
150 g gekochten Schinken
300 - 500 g Champignons
1 Bund Petersilie
Oliven, ich nehme die dicken braunen
eingelegte Peperoni, Vorsicht, denk an Florian
eingelegte Artischocken
2 Zwiebeln

Die Mengen der Oliven, Peperoni und Artischocken sind deinem Gusto überlassen. Erfahrungsgemäß aber möchte jeder auf jedem Stück von allem haben.

Während der Teig geht, machst du die Tomatensoße. Sie darf nicht zu dünn sein. Du kannst nach dem Öffnen der Büchsen das Tomatenwasser abgießen und trinken, oder du läßt die Soße etwas einkochen. Dann dünstest du die Pilze, schneidest den Käse, den Schinken und die Zwiebeln (in Ringe).

Den fertigen Teig auf den mit Olivenöl eingefetteten Blechen ausrollen und mit Olivenöl beträufeln.
Die Zutaten in folgender Reihenfolge auf dem Teig verteilen:

1/3 des Käses, die Tomatensoße, den übrigen Käse, Pilze, Artischocken (halbiert oder geviertelt), Oliven, Peperoni und Schinken. Zum Schluß werden die Zwiebeln auf der Pizza verteilt - damit sie nicht zu braun werden, kann man sie vorher in Öl wälzen - und eventuell noch einmal Kräuter darübergestreut.

Während die Pizza im Ofen ist - sie braucht etwa eine Dreiviertelstunde bei 200 Grad - machst du einen großen Salat.

Bei einer Einladung mußt du alles so timen, daß die erste Pizza fertig ist und du die zweite in den Ofen schiebst, wenn die Gäste sich an den Tisch setzen.
Pizzateig Hinweis © 1989/2009 M. Stoewer



Nachtrag für die Internetausgabe, September 2009

Seit ich dieses Rezept geschrieben habe sind zwanzig Jahre vergangen. Und die Pizza hat ihren Siegeszug fortgesetzt. Es gibt inzwischen in Deutschland und Italien, wahrscheinlich überall in der Welt, die leckersten Pizza-Variationen.

Über die vielen flachen quadratischen Pappkartons in den Tiefkühltruhen der Supermärkte will ich mich nicht weiter äußern.

Einmal hatte ich Lust auf eine Pizza aber keine Zeit zum Zubereiten. Seitdem habe ich immer von mir gebackene Pizzen in Portionen verpackt in meinem Tiefkühlschrank.

Und nun muss ich gestehen, dass ich diese Köstlichkeit heute etwas anders zubereite.
Die wichtigste Änderung betrifft den Teig. Die Anregung habe ich von Renate, die ja auch etwas vom Kochen versteht: „In den Pizzateig gehört kein Ei!“ Also ließ ich das Ei weg und beim nächsten Versuch ersetzte Wasser die Milch.
Ich bekam einen dünnen, köstlich knusprigen Hefeteigboden (500 g Mehl, 100 ml Olivenöl, 250 ml Wasser, Hefe und Salz).

Beim Belag sollte jeder weiter seinen Phantasien und Gelüsten nachgehen. Allerdings muss mit der Tomatensoße wegen des dünneren Teigs vorsichtiger umgegangen werden und der dünnere Teig verkürzt zusätzlich die Backzeit.

Ich belege meine Pizzen im Moment mit Tomatensoße, Mozzarella, Oliven, Peperoncini und Zwiebelringen. Oliven und eingelegte Peperoncini hole ich mir vom Donnerstags- Bauernmarkt auf der Münchner Freiheit oder bei Freisingers auf dem Viktualienmarkt.

Meine Vorlieben können sich aber wieder ändern. Im Moment habe ich vier Portionen nach meinem Gusto in der Kühle, aber auch das wird sich sehr schnell ändern


REZEPT DES TAGES

JedenTag eine neue Idee! Heute:
SCHLEMMERSALAT
Mit Hähnchenbrustfilet, Garnelen, Kiwi und Avocado.
Rezept aufrufen.

KUCHEN DER WOCHE

Jeden Montag neu!
Diese Woche:
KIRSCHSTREUSEL
Mürbeteig Streusel mit Sauerkirschen.
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Besonders ans Herz gelegt bei
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Fast schon eine eigene Rezeptesammlung:

Familie, Frühstück und ein runder Tisch mit einem Durchmesser von 1,35 Metern.

1000 und eine köstliche Anregung zu einem ausgedehnten Frühstück für die ganze Familie und oder den Freundeskreis.
Hier
geht es zum Frühstück.